ADHS betrifft viele Menschen und bringt Herausforderungen, aber auch Stärken mit sich. Hier beleuchten wir die Ursachen, Symptome und Strategien, um mit ADHS besser umzugehen.
Kennst du das? Du musst dringende Aufgaben erledigen oder dich bei der Arbeit oder der Uni an Deadlines halten, aber schiebst die Aufgabe immer wieder vor dir her? Selten erledigst du Sachen frühzeitig, sondern meistens auf den letzten Drücker? Eventuell hast du dich selbst schon ertappst, wie du zu dir oder anderen sagst „Unter Druck kann ich am besten arbeiten!“
Und am Ende, wenn die Zeit knapp wird, steigt das Stressempfinden, zusätzlich entstehen Selbstvorwürfe und Sätze in deinem Kopf wie: „Hätte ich doch nur eher begonnen!“.
Das Aufschieben von Tätigkeiten und Arbeiten ist oft normaler Alltag von Menschen mit ADHS. Auch Nicht-Betroffenen passiert es mit Sicherheit, dass Aufgaben erst zu spät begonnen werden. Der Unterschied zur ADHS-Symptomatik besteht darin, dass Betroffene dauerhaft in diesem Zustand verharren. Unterstimulation, die aus mangelndem persönlichem Interesse an den Aufgaben besteht, führt zum Hinausschieben dieser. Der dadurch entstehende Druck führt zunächst hoher Motivation und Höchstform, was es schwierig macht, dieses Verhalten zukünftig zu ändern. Gleichzeitig kann der steigende Druck zu Überlastung, Überstimulation und schließlich zu einem erhöhtem Stressempfinden führen. Unser Organismus reagiert auf länger bestehende Stressoren mit dauerhaft erhöhter Aktivierung.
Vielfach wird im Zusammenhang mit ADHS von einer erhöhten Stressreagibilität und einem defizitären stressbezogenen Coping von Betroffenen berichtet. Oft mangelt es an Strategien zur Regeneration und Entspannung, was bedeutet, dass die Fähigkeit zur angemessenen Selbstregulation in Belastungssituationen verloren geht. Folglich wird es selbst in Phasen ohne Belastung unmöglich, zum ursprünglichen Ruheniveau zurückzukehren. Dadurch wird die Stressreaktion zeitlich verlängert und äußert sich zudem in überhöhter Intensität. Dauerhaft kann eine chronische Aktivierung negative Langzeitfolgen haben und zu körperlichen Beschwerden führen. Zudem wirkt das ausgeschüttete Stresshormon Cortisol unterdrückend auf das Immunsystem, was bei Dauerstress zu einer Schwächung dessen führt und der Körper folglich anfälliger für Infektionskrankheiten wird.
Da sogenannte Typ-A-Verhalten bei ADHS-Patienten ist durch eine hohe Leistungsorientierung, Konkurrenzverhalten, ein hohes Macht- und Kontrollbedürfnis, Zeitdruck und Ungeduld sowie berufliche Distanzierungsfähigkeit gekennzeichnet. Anfangs können Leistungserfolge und Anerkennung erzielt werden, später treten jedoch zwischenmenschliche Konflikte auf. Die Folgen dieses Verhaltensmusters sind ein hohes Risiko für Verausgabung, leichte Erregbarkeit, geringe Frustrationstoleranz und eine verstärkte physiologische Stressreaktion. Daher ist es wichtig, Strategien zur Stressbewältigung und Selbstregulation zu entwickeln, um diese negativen Auswirkungen zu minimieren.
Bevor du beginnst dich mit der Bewältigung deines Stresserlebens zu beschäftigen, solltest du zunächst überlegen, was Stress für dich bedeutet und wie du Stress definieren würdest. Dafür kann es hilfreich sein, folgende Aussagen zu komplettieren, um ein Gefühl für das eigene Stresserleben zu bekommen. Diese kurze, aber effektive Reflexion benötigt lediglich 5 Minuten deiner Zeit.
Nimm dir ein Blatt Papier und vervollständige die Sätze für dich:
- Ich gerate in Stress, wenn . . .
- Wenn ich im Stress bin, dann . . .
- Ich setze mich selbst unter Stress, indem . . .
Stressreaktionen dienen dazu, den Körper kurzfristig an belastende Ereignisse anzupassen. Dabei werden Energiequellen mobilisiert und die Abwehrkräfte erhöht. Es ist möglich, aktiv mit den Stressoren umzugehen, jedoch mangelt es ADHS-Betroffenen oftmals an Bewältigungsmöglichkeiten. Stressreaktionen können sich auf verschiedenen Ebenen äußern, wie Gefühle, Gedanken, Körper und Verhalten. Diese Ebenen beeinflussen sich gegenseitig und können die Stressreaktion verstärken und verlängern. Vielleicht kennen Sie bereits Aussagen, die das Zusammenspiel von Körper und Gefühl verdeutlichen. wie "jemandem die Stirn bieten" oder "die Nase voll haben". Eventuell fallen dir sogar noch mehr Aussagen ein …
Ob etwas als Stress empfunden wird ist abhängig von der eigenen subjektiven Bewertung. Auch objektiv betrachtet gleiche Situationen werden von Personen unterschiedlich wahrgenommen. Klar ist aber, dass Stress stets mit einem Belastungsgefühl einhergeht, was aus dem Erleben entsteht, dass die Anforderungen einer Situation die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten übersteigen. Die gute Nachricht ist, dass wir und Strategien zum Umgang mit belastenden Situationen aneignen und somit das Stressempfinden erheblich herabsenken können.
Um die eigene Stressreaktion wahrnehmen zu können, müssen wir uns aber mit dem eigenen Belastungsempfinden auseinandersetzen und herausfinden, was uns stresst. Oftmals fällt uns genau das schwer, da wir gelernt haben, körperliche und psychische Signale zu ignorieren oder zu verdrängen. Achtsame Bestandsaufnahme unserer eigenen Belastungsfaktoren und Stressoren ebenso wie das Verstehen der eigenen Stressreaktion kann dir helfen, Stressoren zu identifizieren und das eigene Stresserleben positiv zu beeinflussen. Unsere Arbeitsblätter unterstützen dich dabei, dein eigenes Stressempfinden zu verstehen.
Beschäftigen wir uns zunächst mit den persönlichen Stressoren. Beachte dabei, dass Stressoren sowohl als innere, als auch äußere Faktoren zum Belastungsempfinden beitragen können. Innere Faktoren, die in uns selbst vorhanden sind, können Persönlichkeitsmerkmale, als auch Verhaltensweisen wie Aufschiebeverhalten, Perfektionismus und Unstrukturiertheit sein. Eine hohe Ausprägung dieser Merkmale kann zu Stress führen, wenn wir ständig damit beschäftigt sind, dem Drang nachzugehen. Externe Faktoren sind von außen kommend und zeigen sich als Soziale Faktoren durch die Erwartungen von Anderen, als Physikalische Faktoren beispielsweise durch Lärm, Hitze, Dunkelheit oder auch als organisatorische Faktoren wie Zeitdruck.
Welches sind deine persönlichen Stressoren? (AB 1.2)
Reflektiere mit Hilfe des Arbeitsblattes deine persönlichen Stressoren, indem du diese in Gewichte einzeichnest. Je grösser das Gewicht, desto grösser die Belastungsempfindung.
Übertrage die die zwei größten Stressoren auf die Stresswaage! (AB 1.3)
Denke an eine typische Situation, in der du großen Stress empfindest und überlege, wie du auf diese Belastung reagierst?
Notiere typische Reaktionen in der Darstellung! (AB 1.4)
Hier findest du einige Übungen und Sofortmassnahmen, die du in akuten Stresssituationen nutzen kannst, um dich und deinen Körper zu beruhigen.
Drei-Minuten-Atemraum
Diese Übung kann mehrmals täglich durchgeführt werden. Sie kann an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden, weshalb sie länger oder kürzer dauern kann. Die Übung eignet sich zudem für sämtliche Lebensbereiche. Es können sogar andere Personen anwesend sein, während du die Übung für dich durchführst. Es muss keine bestimmte Haltung eingenommen werden und ist mit offenen oder geschlossenen Augen durchführbar.
Reflektieren Sie für sich:
Wie fühle ich mich gerade?
Wie fühlt sich mein Atem an?
Wie fühlt sich mein Körper an?
Das Ziel der Achtsamkeitsübung ist das Wahrnehmen des Hier und Jetzt in einer freundlichen, annehmenden Haltung, ohne etwas daran ändern zu wollen. Es geht darum, sich selbst und das aktuelle Empfinden wahrzunehmen, ohne etwas daran ändern zu wollen.
4-7-8-Technik
Hierbei handelt es sich um eine Atemtechnik, mit der du gezielt Stress abbauen kannst. Du kannst diese Übung jederzeit einsetzen, um deinen Körper und Geist zu entspannen. Am besten übst du diese Methode zunächst, wenn du nicht allzu gestresst bist. Wenn du die Atemtechnik gut beherrschst, kann sie dir sogar dabei helfen, schneller einzuschlafen.Probiere es aus:
Atme vier Sekunden lang durch die Nase ein.
Halte den Atem für sieben Sekunden an.
Atmen acht Sekunden lang aus und machen Sie dabei mit zusammengepressten Lippen ein "Whoosh"-Geräusch.
Wiederhole die Übung bis zu viermal.
Die Technik wirkt wie ein natürliches Beruhigungsmittel für das Nervensystem, indem sie das parasympathische Nervensystem aktiviert, das für unseren Ruhe- und Verdauungsmodus verantwortlich ist.
Humor als Copingstrategie gegen Stress
Im Folgenden lernst du eine bestimmte Coping-Strategie kennen, die in akuten Stresssituationen helfen kann, aber auch eine Grundhaltung darstellt, um dein Stresserleben langfristig positiv zu verändern. Humor ermöglicht eine positive Neuinterpretation von Situationen und einen Perspektivenwechsel. Humor und Lachen, insbesondere wenn sie in positiven Humorarten eingebettet sind, können sehr effektive Mittel gegen Stress sein.Humor kann dazu beitragen, die mentale Leistungsfähigkeit zu verbessern, Muskeln zu beanspruchen und zu entspannen, die Atmung zu verbessern, den Blutkreislauf anzuregen, Stresshormone zu verringern, die Immunabwehr zu verbessern und die Produktion von Endorphinen zu erhöhen. Darüber hinaus können Entspannungstechniken auch psychische Wirkungen wie die Verringerung von Angst, Spannung, Depressionen und Einsamkeit bewirken, den Selbstwert fördern, Hoffnung und Energie wiederherstellen sowie ein Gefühl von Handlungskompetenz und Kontrolle herstellen.Lachen stellt eine automatisch biologische Reaktion dar, um uns vorübergehend vom Stress zielgerichteter Aktivitäten zu erlösen. Überlege einmal für dich selbst: Wie oft lachst du am Tag? Wie oft nutzt du Humor? Überlege dann, wie oft du als Kind gelacht hast? Vielleicht fällt dir auf, dass du dies als Kind viel öfter getan hast. Wie können wir es schaffen, mehr Humor in unseren stressigen Alltag zu integrieren?- Suche aktiv nach lustigen Dingen in eigentlich stressigen Situationen! “Eines Tages werde ich darüber lachen, warum nicht jetzt schon?“- Nutze deine Vorstellungskraft in sämtlichen Gelegenheiten!„Immer wenn ich mir das vorstelle, komme ich aus dem Lachen nicht mehr heraus!“- Versuche die positiven Sachen In jeder Begebenheit zu sehen!„Das Glas ist halb voll, nicht halbleer“Probiere auch das „Leichte Lächeln“ als eine achtsamkeitsbasierte Strategie
Überlege, in welchen Situationen du diese Methode anwenden kannst?
(am Morgen nach dem Aufwachen, beim Musikhören, beim Lesen . . .)
Geringe Anforderungen in Verbindung mit einer stressfreien, von Lebensfreude, Selbstvertrauen, und Optimismus erfüllten Atmosphäre führen zu Spontanität und Kreativität. Die Hinwendung zum Humor und damit die Auflösung innerer Zwänge ermöglicht eine spielhafte, bedenkenlose Wahrnehmung der Welt. Vielleicht versuchen Sie sogar, sich das Ziel zu setzen, eine humorvollere Lebenseinstellung zu entwickeln und dem Leben mit mehr Leichtigkeit zu begegnen.
ADHS-Symptome mit/ ohne passende Strategie
Ohne geeignete Bewältigungsstrategien kann Stress bei Menschen mit ADHS zu einer Verstärkung der Kernsymptome und einem erhöhten Stresserleben führen, was wiederum zu Problemen in verschiedenen Lebensbereichen führen kann.
Hyperaktivität zeigt sich beispielsweise, indem Betroffene ständig in Bewegung sind und Schwierigkeiten haben, eine Weile ruhig zu sitzen. Oftmals ist auch die Impulskontrolle nicht ausreichend entwickelt, weshalb die Schwierigkeit besteht, das Verhalten zu kontrollieren, was zu unangemessenem Verhalten führen und Konflikten führen kann. Das Symptom Unaufmerksamkeit zeichnet sich bei einer ADHS durch leichte Ablenkbarkeit und ein Mangel an Konzentration aus. Weiterhin berichten Betroffene von Schwierigkeiten in der Planung und Organisation von Aufgaben. Oft fällt es ihnen schwer, ihre Zeit effektiv zu nutzen und ihre Verantwortlichkeiten zu erfüllen. Mit passenden Strategien können die Symptome von ADHS besser bewältigt werden.
Durch die Implementierung einer klaren Tagesstruktur und fester Routinen können Menschen mit ADHS ihre Aufgaben besser organisieren und ihre Konzentration verbessern. Zeitpläne, To-Do-Listen und Erinnerungen helfen dabei den Überblick zu behalten und die Produktivität zu steigern. Um der Desorganisation und einer mangelhaften Planungskompetenz entgegenzuwirken, ist eine effektive Prioritätensetzung nötig, um den Tag erfolgreich strukturieren zu können. Beispielsweise empfiehlt es sich, nur 60% der Zeit zu verplanen, um somit noch einen Zeitpuffer für Unvorhersehbares zu haben. Zudem sollten lieber wenige Aufgaben geplant und der eigene Zeitplan regelmäßig überprüft werden. Eine der wichtigsten Strategien ist es, einen zuvor festgelegten Schlusspunkt zu setzen. Aufgaben sollen dann tatsächlich an diesem Punkt beendet werden, sodass die Hinwendung zu einer angenehmen Tätigkeit, die einem gut tut, folgen kann.
Die Arbeitsblätter (AB 2.2 / 2.3) helfen dir dabei, Prioritäten nach einem bestimmten Prinzip zu setzen und geben dir gleichzeitig weitere, hilfreiche Tipps für deine Zeitplanung.
Strategien, die Bewegung und Entspannung fördern, helfen Menschen Spannungen abzubauen, Stress zu reduzieren und die Konzentration zu verbessern. Dabei sollte die regelmässige körperliche Aktivität gesundheitsdienlich, realistisch und umsetzbar sein. Am besten beginnst du in kleinen Schritten und planst feste Termine ein. Es sollten keine zu hohen Erwartungen an die Leistungssteigerung gestellt werden. Besser ist das Streben nach einer allmählichen Leistungssteigerung. Regelmäßige, körperliche Aktivität kann helfen, Symptome besser zu kontrollieren und die Funktionsfähigkeit in verschiedenen Bereichen zu verbessern. Du kannst auch damit beginnen, mehr Bewegung in deinen Alltag zu bringen, indem du beispielsweise die Treppe statt des Lifts nutzt oder auf der Arbeit den Weg zu Kollegen suchst, statt sie über das Telefon zu kontaktieren.
Bedenke, dass es eine Zeit dauern kann, um in eine sportliche Regelmäßigkeit zu kommen. Um die Aktivität zu finden, welche persönlich zu dir und deinem Alltag passt, kann es hilfreich sein, ein Stimmungstagebuch zu führen. Dieses hilft dir das Bewusstsein deines eigenen Befindens vor und nach der sportlichen Aktivität zu verbessern und die positiven Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Stresstoleranz wahrzunehmen. Selbstreflexionen hilft Menschen mit ADHS ihre Stärken und Schwächen besser verstehen und geeignete Strategien entwickeln, um ihre Schwierigkeiten zu bewältigen. Das nahestehende Umfeld, wie Freunde oder Familie, aber auch Fachleute, können Betroffenen bei der Entwicklung von Strategien und im Umgang mit Herausforderungen unterstützen.
Eigene Ressourcen nutzen & Selbstwirksamkeit stärken
Die Bezeichnung ADHS ist leider oft negativ konnotiert, obwohl kein generalisiertes Defizit an Aufmerksamkeit besteht, sondern lediglich eine eingeschränkte Kontrolle über das Aufmerksamkeitssystem. Was viele nicht wissen, ist das Menschen mit ADHS sich auch besonders gut und dauerhaft konzentrieren können, wenn sie stark stimuliert werden, unter Zeitdruck stehen oder ein grosses Interesse an der Aufgabe haben. Zudem besitzen Menschen mit ADHS eine Vielzahl an Ressourcen und Stärken, die sie von anderen unterscheiden. Oftmals sind Betroffene sich diesen nur selbst leider nicht bewusst. Beispielsweise sind ADHS-Betroffene mit einer Neigung zur Desorganisation gut darin, anderen Personen Hinweise für Strukturierung und effektives Verhalten zu vermitteln.
Typische Ressourcen und Besonderheiten von Menschen mit ADHS sind kognitive Fähigkeiten wie Neugier, Phantasie und Flexibilität im Denken. Zudem sind sie oft spontan und besitzen eine Fähigkeit zur Improvisation. Häufig lassen sich auch (Teilleistungs-) Hochbegabungen feststellen.Häufig wahrnehmbare emotional-motivationale Merkmale sind Offenheit und Humor, eine ausgeprägte Begeisterungsfähigkeit und die Fähigkeit zu sportlicher Höchstleistung. Hyperfokussierung ermöglicht Betroffenen ein zielgerichtetes konsequentes und kreatives Angehen einer Aufgabe. Positive Persönlichkeitsmerkmale von ADHs-Betroffenen zeichnen sich durch einen starken Gerechtigkeitssinn und ein soziales sensibles und hilfsbereites Verhalten aus. Oftmals vergeben und verzeihen sie schnell, da sie von Grund auf, ein offenes, freundliches und herzliches Gemüt besitzen. Zudem zeichnet sie die Liebe zu den Tieren und der Natur aus.
Eine vollständige uns bedingungslose Akzeptanz unseres Selbst hilft uns dabei, all unsere Facetten wahrzunehmen, zu unterscheiden und zu akzeptieren. Eine realistische Bewertung des eigenen Handelns hat einen günstigen Einfluss auf den Selbstwert. Wir sollten lernen, uns nicht durch unsere Leistung oder äussere Faktoren zu definieren, sondern unseren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Dabei stellt Selbstwirksamkeit einen zentralen Aspekt dar und meint die Überzeugung, bestimmte Handlungen aufgrund eigener Fähigkeiten selbst ausführen zu können. Personen mit höherer Selbstwirksamkeit können besser mit Belastungen umgehen und empfinden weniger Stress, da sie auf ihre eigenen Ressourcen zur Bewältigung zurückgreifen.
Nach dem Grundsatz «Stärken zu stärken, um Schwächen zu schwächen» gibt es einige Methoden, um die eigenen Ressourcen zu erkennen, wertzuschätzen und die eigene Selbstwirksamkeit zu stärken. Eine dieser Übungen möchte ich dir im Folgenden vorstellen. Vielleicht hast du einmal Lust diese auszuprobieren, um zu sehen, was du noch alles über dich selbst lernen kannst.
1) Denke an eine Situation, die du in einem Leben gut gemeistert hast und reflektiere:
Wie habe ich die Situation bewältigt?
Welche Fähigkeiten habe ich dabei gezeigt?
2) Über welche Kompetenzen und Stärken verfügst du?
Welche Kompetenzen habe ich, auf die ich in meinem Leben stolz bin
Welche Kompetenzen geben mir Mut?
3) Notiere jede Kompetenz auf einem Zettel.
Sammle diese anschließend an einem Ort, der jederzeit zugänglich ist oder klebe sie dorthin, wo du sie oft sehen kannst. Du kannst auch eine Liste erstellen, die du immer bei dir trägst oder auf deinem Handy abspeicherst, so dass du jederzeit Zugriff hast.
Komorbiditäten & ADHS
Selten wird ADHS als isolierte Störung betrachtet und erkannt, so dass häufig eher komorbide Störungen, wie Depressionen oder Angststörung diagnostiziert und behandelt werden. Das hat zur Folge, dass eine effektive Behandlung der ADHS-Symptomatik ausbleibt, was bei Betroffenen zu einer Abwärtsspirale führen kann und schliesslich das Privat- und Berufsleben beeinflusst.
ADHS stellt einen Risikofaktor für die meisten psychischen Symptome dar. Auch für Fachpersonen ist eine Unterscheidung zwischen einer affektiven Störung und einer ADHS nicht immer einfach. In beiden Fällen leiden Betroffene häufig unter starken affektbezogenen Beeinträchtigungen, wie Stimmungsschwankungen und einem Gefühl der Deprimiertheit bis hin zur Depression. Kontrollverlust oder auch die Neigung zur Entwicklung von Ängsten bis hin zur Panik treten ebenfalls oft auf. Teilweise lassen sich Substanzmissbrauche als Folge unzureichend ausgebildeter Bewältigungsstrategien beobachten.
Störungen des Sozialverhaltens entstehen häufig dadurch, dass wahrgenommener Ärger aufgrund von Impulsivität oft häufig ausgedrückt wird, was zu Wutausbrüchen und Kontrollverlust führen und zwischenmenschliche Konflikte zur Folge hat. Vor allem im Erwachsenenalter sind soziale Risikofaktoren von grosser Bedeutung. Betroffene haben aufgrund ihrer Symptomatik häufig Schwierigkeiten einen adäquaten Bildungsabschluss zu erreichen. Zudem werden häufige Wechsel im Beruf und erhöhte Arbeitslosigkeit berichtet, was unter anderem auch mit der niedrigen Selbstwerteinschätzung zusammenhängen kann.
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) kann häufig mit anderen Störungen auftreten, was als komorbide Störungen bezeichnet wird. Es wird geschätzt, dass etwa 60-80% der Menschen mit ADHS mindestens eine komorbide Störung haben.
Die Behandlung von ADHS und komorbiden Störungen erfordert oft eine umfassende Herangehensweise. Eine Kombination aus Medikamenten, Psychotherapie und unterstützenden Maßnahmen kann helfen, die Symptome zu lindern und den Umgang mit den Herausforderungen zu verbessern. Es ist wichtig, dass Menschen mit ADHS und komorbiden Störungen professionelle Hilfe suchen, um eine genaue Diagnose zu erhalten und eine angemessene Behandlung zu erhalten. Eine frühzeitige Intervention kann dazu beitragen, das Risiko von Komplikationen zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern.
ADHS & Depressionen/ Burnout
Burnout und Depression können bei Menschen mit ADHS häufiger auftreten als bei Menschen ohne ADHS. Die Kombination von ADHS mit Burnout oder Depression kann die Symptome und Herausforderungen beider Zustände verstärken und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
ADHS und Depressionen sind zwei unterschiedliche psychische Erkrankungen, die jedoch oft gemeinsam auftreten können. Menschen mit ADHS haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, impulsives Verhalten zu kontrollieren und ihre Emotionen zu regulieren. Sie können auch hyperaktiv sein und haben oft Probleme, ihre Aufgaben zu organisieren und abzuschließen. Es gibt einige Gemeinsamkeiten zwischen ADHS und Depressionen. Beide Erkrankungen können das Selbstwertgefühl beeinflussen und zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit führen. Menschen mit ADHS können aufgrund ihrer Schwierigkeiten, Aufgaben zu erledigen oder sich zu konzentrieren, Frustration und Enttäuschung erleben, was zu depressiven Symptomen führen kann. Gleichzeitig können Menschen mit Depressionen aufgrund ihrer niedrigen Stimmung und Energielosigkeit Schwierigkeiten haben, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen, was zu ADHS-ähnlichen Symptomen führen kann.
Darüber hinaus können ADHS-Symptome wie Impulsivität, emotionale Instabilität und geringes Selbstwertgefühl, das Risiko für eine Depression erhöhen. Menschen mit ADHS können Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu regulieren und mit Rückschlägen oder Herausforderungen umzugehen, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für depressive Symptome führen kann. Ein Mangel an Selbststrukturierungskompetenz kann zu einem erhöhten Stressniveau führen, da Personen Schwierigkeiten haben, mit den Anforderungen des Alltags umzugehen. Der chronische Stress kann zu einem Burnout führen, bei dem eine Person emotional, geistig und körperlich erschöpft ist.Burnout und Depression können bei Menschen mit ADHS häufiger auftreten als bei Menschen ohne ADHS. Die Kombination von ADHS mit Burnout oder Depression kann die Symptome und Herausforderungen beider Zustände verstärken und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.Es ist wichtig, dass Menschen mit ADHS, die Anzeichen von Burnout oder Depression zeigen, professionelle Hilfe suchen und eine Behandlung erhalten, die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Eine umfassende Behandlung kann eine Kombination aus Medikamenten, Psychotherapie und unterstützenden Maßnahmen umfassen. Die Behandlung von ADHS kann helfen, die Symptome zu lindern und den Umgang mit Stress und emotionalen Herausforderungen zu verbessern. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um das Risiko von Komplikationen zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern.
ADHS & Zwang/ Angst
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) kann häufig mit anderen Störungen komorbid auftreten, insbesondere mit Zwangsstörungen und Angststörungen.
Zwangsstörungen sind durch wiederkehrende, unerwünschte Gedanken (Obsessionen) und/oder zwanghafte Verhaltensweisen (Zwänge) gekennzeichnet. Menschen mit ADHS können ein erhöhtes Risiko für Zwangsstörungen haben. Die Symptome von ADHS, wie Impulsivität und Unruhe, können zu zwanghaften Verhaltensweisen führen, um eine gewisse Kontrolle oder Ordnung zu erreichen. Zunächst hört sich das widersprüchlich an, da ADHS-Betroffene eher für ihr Chaos und ihre Unordnung bekannt sind. Das Gefühl des Kontrollverlusts und der Unfähigkeit „Ordnung in ihr Leben“ zu bringen, kann aber bei einigen ADHS-Patienten zu einem Ordnungszwang führen. Es ist möglich, dass ADHS und Zwangsstörungen nebeneinander auftreten. Betroffene können in einem Bereich sehr perfektionistisch sein und in einem anderen Bereich eher chaotisch.
Patienten bei denen sowohl Angst als auch ADHS vorliegt, lassen sich einige Verhaltensweisen beobachten. Dazu zählen Aufschieben oder Prokrastination, Angst vor (erneuten) Misserfolgen, ein unsicherer Umgang mit Angst und innere Unruhe. Oft zeigt sich bereits bei Kindern mit einer ADHS ein besonders risikofreudiges und abenteuerlustiges Verhalten, was Eltern überfordern kann- Sie reagieren dann mit ängstlichem Kontrollverhalten, was sich auf die Kinder überträgt, wenn es dauerhaft anhält. Im Erwachsenenalter kann sich daraus dann eine Angststörung entwickeln.
Im Zusammenhang mit ADHS wird oft von einem verminderten Selbstwertgefühl gesprochen, was es Betroffenen schwerer machen kann, sich auf neue Situationen und neue Menschen einzulassen und Kontakt aufzubauen. Im Laufe ihres Lebens haben diese Menschen häufig Misserfolge erlebt, weshalb sie meist nur noch vertraute Situationen aufsuchen. Durch die Vermeidung entstehen Symptome einer sozialen Ängstlichkeit, die teilweise sogar bis zur Diagnose „Soziale Phobie“ reichen kann.
Soziale Beziehungen & ADHS – eine gesunde Balance finden
Soziale Unterstützung und zwischenmenschliche Kontakte haben förderliche Aspekte auf die Gesundheit von Menschen und stellen eine wichtige Ressource für die Stressbewältigung dar. Auch wenn Stress vor allem durch die Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt entsteht, haben soziale Beziehungen positive Effekte auf das Stresserleben. Gute soziale Beziehungen bedeuten zudem auch Unterstützung bei Schwierigkeiten und deren Bewältigung.
Personen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten soziale Beziehungen entstehen zu lassen und aufrechtzuerhalten. Im Bereich der Kontaktaufnahme und Kommunikation liegt die Schwierigkeiten darin, dass ADHS-Betroffene ein Gespräch oftmals nicht aufrechterhalten können. Sie sind leicht ablenkbar und haben Probleme, dem Gegenüber zuzuhören oder Blickkontakt zu halten was bei dem gegenüber zu Missverständnissen, Frustration führen kann oder gar als mangelndes Interesse gewertet wird. Impulsives Verhalten wirkt sich negativ auf soziale Beziehungen aus, wenn Personen mit ADHS Aussagen treffen oder handeln, ohne über die Konsequenzen nachzudenken oder sich darüber bewusst zu sein, dass dies zu Verletzungen anderer und Konflikten führen kann. Ein oft bestehender Mangel an emotionalen Regulationsmöglichkeit kann zu impulsiven und von außen oft nicht nachvollziehbaren überhöhten Reaktionen führen. ADHS-Symptome wie Unruhe und Hyperaktivität führen dazu, dass es Betroffenen schwerfällt, ruhig zu sitzen oder sich auf eine Aktivität zu konzentrieren, was zu Unruhe oder Ablenkung in sozialen Situationen führen kann.
Es gibt jedoch Strategien und Behandlungsmöglichkeiten, die Menschen mit ADHS helfen können, ihre sozialen Fähigkeiten zu verbessern und erfolgreichere Beziehungen aufzubauen.
Ein gut geknüpftes Beziehungsnetz stärkt unseren Selbstwert und schützt nachweislich die Gesundheit. Zwischenmenschliche Kontakte haben eine protektive Wirkung vor schädlichem Stress, verringern Einsamkeit und stellen eine Möglichkeit dar, die eigenen Gefühle ausdrücken zu können. Die Pflege des Beziehungsnetzes ist also von Großem Nutzen für Gesundheit und Wohlbefinden, verlangt jedoch aktive Arbeit. Kontaktbereitschaft, aktives Zuhören, Blickkontakt sowie Lob & Komplimente sind Beispiele für förderliche Aspekte, um soziale Beziehungen beizubehalten, aber auch aufzubauen.
Welche Möglichkeiten fallen dir ein oder nutzt du bereits um,
1) Soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten, zu pflegen und/ oder
2) Soziale Beziehungen zu knüpfen?
Neben den bereits genannten förderlichen Aspekten gibt es weitere Möglichkeiten, um dein Beziehungsnetz zu pflegen oder positiv mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Beispielsweise jemanden einen Gefallen zu tun, Hilfe anbieten oder auch annehmen, regelmäßige Treffen vereinbaren, an Feierlichkeiten teilnehmen und sich regelmäßig melden.
Ebenso wichtig wie das Pflegen der sozialen Beziehung ist die Selbstfürsorge und das Wahrnehmen der eigenen Grenzen. Sicherlich hast auch du bereits Situationen erlebt, in der du lieber Nein gesagt hättest, oder dich überlastet gefühlt hast und am liebsten aufgaben abgegeben hättest. Dich aber nicht getraut hast. Manchmal ist es notwendig Aufgaben abzugeben und „Nein“ zu sagen, um einer möglichen Überlastung vorzubeugen. (AB 2.8)
Das Arbeitsblatt zum „Nein sagen und Grenzen setzen“ hilft dir dabei, zu erkennen, in welchen Situationen sie Nein sagen sollten, warum es ihnen eventuell schwerfällt und wie du anderen auf nette Art und Weise dein Nein vermittelst und somit für dich und dein Bedürfnis einstehst.
Bedürfnis nach Erholung erkennen
In stressigen Zeiten neigen wir dazu, Erholung und soziale Kontakte zu vernachlässigen, um scheinbar mehr Leistung erbringen zu können. Infolgedessen werden positive Erfahrungen immer seltener, was negative Auswirkungen haben kann. Bei lang andauerndem Stress entsteht ein fataler Teufelskreis. Belastungen und Stresssymptome nehmen noch mehr Platz einÜberforderungsgefühl nimmt zu. Fehlende Erholungs- und Kompensationsmöglichkeiten führen auf Dauer zu einer Abnahme der Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen.
Tägliche Erholung ist notwendig, um Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit zu erhalten und sollte an die individuellen Bedürfnisse und das persönliche Befinden angepasst sein. Erholung bedeutet, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem was uns belastet und dem, was uns entlastet. Nur so können wir langfristig negative Stressfolgen vermeiden und Widerstandskraft gegenüber neuen Belastungen und Energien aufbauen. Tägliches Erholen ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit und Gesundheit zu erhalten. Doch nicht immer fällt es uns leicht, Signale unserer Erholungsbedürftigkeit wahrzunehmen oder entsprechend zu agieren.
Probiere einmal folgende mentale Übung:
Stell dir vor, dass du einen anstrengenden Arbeitstag oder eine lange Arbeitswoche hinter dir. Notiere in Stichpunkten, wie du dich dann fehlst? An welchen Signalen merkst du, dass du Erholung benötigst?
Vielleicht hast du daran gedacht, dass du dich schlapp, müde und erschöpft fühlst. Einige Personen erleben auch ein Gefühl von Überforderung und Unkonzentriertheit, während andere davon berichten, sich trotz Erschöpfung hippelig und überdreht zu fühlen.
Erholung geschieht nicht allein durch passives Pausieren. Der Erholungsprozess sollte aktiv gestaltet werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Aus persönlichen Bedürfnissen und Signalen ergeben sich unterschiedliche Erholungsziele, die im dazugehörigen Arbeitsblatt beschrieben werden (Ab 4.2).
Fühlst du dich beispielsweise erschöpft, ausgelaugt und fertig, solltest du dich ausruhen, neue Energien tanken und dir eine Auszeit gönnen. Dies kann in Form eines Vollbads, eines Sonnenbads oder auch als Besuch in der Sauna geschehen.
Persönliche Reflexion:
Suche auf dem Arbeitsblatt jene Signale heraus, die am häufigsten auf dich zutreffen.
Welche Strategien kannst du konkret anwenden und in den Alltag integrieren?
Probiere die Strategien aus!